Was macht eigentlich … eine Schiedsperson? | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Manchmal ist es die zu hohe Hecke am Zaun, die zu erbitterten Zankereien unter Nachbarn führt, manchmal der krähende Hahn, eine Beleidigung oder Drohne, die über dem Grundstück des anderen kreist. Detlef Bernecker ist ehrenamtlicher Streitschlichter.

Was macht eigentlich … eine Schiedsperson?

Wann hast du als Schiedsmann begonnen und was hat dich dazu bewogen?

Ich habe im Sommer 2004 als 60-Jähriger begonnen. Da war ich nach meinem Beruf als Klimatechniker gerade in Rente gegangen und hatte Zeit. Aber ich wollte auch helfen. Und ich war der Überzeugung, dass ich dazu in der Lage bin, zwei zerstrittene Parteien wieder zusammenzubringen. Am Anfang habe ich das im Schiedsamtsbezirk Herzhorn/Engelbrechtsche-Wildnis noch alleine getan. Zum Glück sind Lars-Gunnar Tästensen und ich mittlerweile ein Schlichtungs-Team. Im Jahr 2024 bin ich dann als 1. Schiedsperson zurückgetreten und habe Lars diese Position überlassen. Die Bezeichnung Schiedsmann und stellvertretender Schiedsmann ist eine offizielle amtliche Bezeichnung. In der Ausübung des Amtes traten wir immer als gleichwertige Kollegen auf.

Das ist auch gut so, weil bei der Verhandlung einer überwiegend das Gespräch führen kann, während der andere protokolliert. Und man kann einander natürlich vertreten, wenn der Kollege im Urlaub oder krank ist.

Wer kann sich für das Schiedsamt bewerben oder scheidet von vornherein aus?

In Schleswig-Holstein beträgt das Mindestalter für die Wahl zur Schiedsperson 30 Jahre und man muss seinen Wohnsitz im jeweiligen Schiedsamtsbezirk haben. Natürlich darf man nicht vorbestraft sein. Wer sich bewirbt, sollte über gute Menschenkenntnis verfügt, Lebenserfahrung, Geduld und die Fähigkeit, Protokolle zu verfassen und Vergleiche auszuhandeln. Und es sollte einem klar sein, dass die Legislatur für Schiedsleute immerhin fünf Jahre beträgt. Wenn es mehrere Bewerber gibt, entscheidet zunächst die Gemeindevertretung über ihren Favoriten. Anschließend beschließt der Amtsausschuss Horst-Herzhorn, welcher Kandidat letztendlich Schiedsperson wird. Dieser muss dann seinen Amtseid vorm Amtsgericht Itzehoe ablegen und ist damit ein Ehrenbeamter, der hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.

Braucht man eine Ausbildung oder Lehrgänge für dieses Ehrenamt?

Es ist auf jeden Fall hilfreich, an den zwei bis drei Lehrgängen, die der Bund-Deutscher-Schiedsleute (BDS) Itzehoe im Jahr anbietet, teilzunehmen. Aufgeteilt sind diese in Anfänger- und Fortgeschrittenen-Kurse. Außerdem schadet es nicht, sich mit Nachbarschaftsrecht, dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Strafgesetzbuch etwas auszukennen. Aber das muss nicht sein oder es kommt mit der Zeit der Tätigkeit von allein. Ein gutes Bauchgefühl ist meistens am wichtigsten für das Amt.

Wie genau läuft deine Tätigkeit ab?

Es gibt einen Antragsteller und einen Antraggegner. Der Antragsteller wendet sich an die Schiedsperson. Falls er diese nicht kennt, erzählt er die Adresse beim Amt Horst/Herzhorn.

Der Antragsteller stellt einen Antrag, in dem er seine Probleme schriftlich darstellt. Falls er dazu nicht in der Lage ist, helfen selbstverständlich die Schiedspersonen.

Gleichzeitig ist eine Aufwandsentschädigung von 30 bis 70 Euro je nach Aufwand des voraussichtlichen Falles zu leisten. Diese Kosten werden für die Postzustell-Urkunden und den Schriftverkehr oder auch für den Vergleich benötigt. Nach Beendigung eines Falles wird die nicht völlig ausgegebene Anzahlung zurückerstattet.

Eine Entschädigung für den zeitlichen Aufwand der Schiedsperson ist nicht vorgesehen. Nun erfolgt die Einladung des Antragsstellers und des Antraggegners zu einem Termin für eine Schlichtungsverhandlung. Das ist der bürokratische, aber sicherste Weg, um einen Vergleich zu erlangen.

Die Parteien haben das Recht, einen Beistand zu der Verhandlung im Dörpshuus Herzhorn mitzubringen – zum Beispiel einen Anwalt oder eine Vertrauensperson.

Die antragstellende Partei muss alle notwendigen Daten vor der Verhandlung ermitteln und der Schiedsperson vorlegen.

Was ist bei der Schlichtungsverhandlung wichtig?

Wichtig ist, bei der Verhandlung zu erwähnen, dass Vertraulichkeit, Selbstverantwortung und Konsens-Bereitschaft erforderlich sind. Denn wir, die Schiedsleute, dürfen nicht richten, sondern sollen, wenn möglich, die Parteien dazu bewegen, aufeinander zuzugehen. Außerdem müssen wir unsere eigene, neutrale Rolle darstellen und erklären, dass wir nur schlichten können. Zu Beginn des Gesprächs unterstreichen wir außerdem, dass wir Schiedspersonen die Wortführer sind und dass alle nur nach Aufforderung reden und keiner dem anderen ins Wort fällt, sondern ihn ausreden lässt. Wir sind es auch, die den zeitlichen Rahmen feststecken.

Sollte eine Partei aus nichtigen Gründen den Verhandlungstermin nicht wahrnehmen, so haben wir die Möglichkeit, eine Ordnungsstrafe zu erheben.

Bei Nachbarschafts-Angelegenheiten ist es für uns Schiedsleute extrem wichtig zu wissen, ob man tatsächlich mit Haus- und Wohnungs-Eigentümern oder mit einem Mieter zu tun hat. Denn für vieles (wie Heckenpflege, Bäume, Sichtschutz-Zäune etc.) sind alleine die Eigentümer zuständig. Und hier ist es auch wichtig, alle Eigentümer (bei Eheleuten Frau und Mann) bei der Verhandlung zu haben. Sonst ist jeder Vergleich null und nichtig.

Sollte es zu einem Vergleich kommen, ist dieser Titel 30 Jahre vollstreckbar. Sollten sich die Parteien nicht einigen, schreiben wir auch ein Protokoll, in dem dann allerdings steht, dass sich die Parteien nicht einigen konnten – die so genannte ‚Erfolglosigkeits-Bescheinigung‘. Das eröffnet der antragstellenden Partei nach Erhalt einer Abschrift des Protokolls, eine Klage beim Amtsgericht Itzehoe einzureichen, dem wir zwei Schiedsleute auch zugeordnet sind. Wir führen auch ein Protokoll- und Kassenbuch, das in der Regel jährlich vom Amtsgericht überprüft wird.

Was machst du, wenn du den vorgenannten Weg nicht gehen möchtest?

Ein zweiter Weg, die Parteien zu einigen, sind die so genannten Tür- und Angelfälle. Hier wird kein Protokoll geführt. Alle Abmachungen sind mündlich und nicht bindend für die Konfliktgegner. Das heißt, die Parteien sind nicht an ihre Zusagen gebunden. Aber aus meiner 20-jährigen Erfahrung ist das so gut wie nie vorgekommen.

Welchen Charakter sollte man als Schiedsperson haben?

Es ist ausgesprochen wichtig, dass wir Schiedsleute keine Richter sind – wir sind Schlichter. Neutral. Deshalb müssen wir uns auch sehr defensiv verhalten und keine Partei ergreifen. Und man muss sich als überparteiliche Schiedsperson davor hüten, jemandem, der auf seinem Standpunkt beharrt, klarmachen zu wollen, dass das nicht korrekt ist. Wichtig ist außerdem unsere Verschwiegenheit. Deshalb unterstreichen wir beim Treffen mit den streitenden Parteien, dass alles Gesprochene im Raum bleibt, und wir verpflichten uns zu völliger Diskretion.

Wie reagierst du, wenn du eine der Parteien sehr gut kennst?

In diesem Fall gehe ich sehr offen damit um. Wenn ich einen der Konfliktgegner kenne und duze, teile ich das sofort dem anderen mit. Ehrlichkeit ist oberstes Gebot in dieser Situation. Das Gute ist, dass ich die Gesprächsführung dann meinem Schiedsamtskollegen überlassen kann und ich selbst unterdessen das Protokoll schreibe.

Wie viel Zeit nimmt das Amt ein?

Zum Glück war das in unserem Amtsbezirk Horst-Herzhorn nicht besonders häufig – höchstens rund fünf Mal pro Jahr. Vielleicht liegt das an dem besonders guten Nachbarschaftsklima hier … (lacht)

Wer kann sich für das Schiedsamt bewerben oder scheidet von vornherein aus?

In Schleswig-Holstein beträgt das Mindestalter für die Wahl zur Schiedsperson 30 Jahre. Und man muss seinen Wohnsitz im jeweiligen Schiedsamtsbezirk haben. Natürlich darf man nicht vorbestraft sein. Wer sich bewirbt, sollte über gute Menschenkenntnis verfügen, Lebenserfahrung, Geduld und die Fähigkeit, Protokolle zu verfassen mitbringen und Vergleiche vorschlagen können. Die Bereitschaft zur Teilnahme an Aus- und Weiterbildungen wird ebenfalls erwartet. Und es muss Interessenten klar sein, dass die Legislatur für Schiedsleute fünf Jahre beträgt. Gibt es mehrere Bewerber entscheidet zunächst die Gemeindeversammlung über ihren Favoriten. Danach bestimmt das Amt Horst-Herzhorn den letztendlichen Kandidaten. Wird dieser gewählt, legt er seinen Amtseid vorm Amtsgericht Itzehoe ab und ist damit Schiedsbeamter.

Was hast du aus diesem Amt auch für dein eigenes Leben mitnehmen können?

In den Jahren davor, war ich nicht so ausgeglichen wie heute. Ich lasse mir mehr Zeit, eine Meinung zu bilden. Und dieses auch erst, wenn ich die andere Seite gehört habe. Die Ansicht meiner Freunde, dass ich dickköpfig und stur sein kann, würde ich lieber mit die Begriff ‚Beharrlichkeit‘ beschreiben.

Demnächst wirst du als Schiedsmann ausscheiden? Fällt dir der Abschied schwer?

Ja und nein. Aber ich habe entschieden, dass es jetzt nach über 20 Jahren reicht. Als letztes möchte ich meinen alten und neuen Kollegen wünschen, immer die passenden Worte in den Verhandlungen zu finden. Und seid nicht 1. Schiedsperson oder Stellvertreter – sondern seid Kollegen.